Dies ist Teil 2 meiner Beitragsreihe – Teil 1 findest zu hier!
Die letzten Monate war ich, was Sport angeht, schon wieder gut dabei – eigentlich besser denn je! Ich möchte hier meine “Comeback”-Story niederschreiben oder besser gesagt erzählen, wie und was ich trainiert habe. Die Kurzfassung findest du unten.
Begonnen hat mein Comeback eigentlich mit der Entlassung aus dem Krankenhaus Anfang Oktober 2019. Mir war klar, dass der Winter 2019/2020 gelaufen war. Also entschloss ich mich alles dafür zu geben für den Winter ein Jahr später – diesen Winter – fit zu sein.
Es war ein langer Weg voller Herausforderungen und Zweifel, aber ein machbarer!



Meine erste Challenge waren die Stufen in den ersten Stock, indem sich meine Wohnung befand, nachdem ich nach zehn Tagen aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Eigentlich unvorstellbar, aber ich brauchte fast 15 Minuten und drei Pausen dafür und leichte Verzweiflung sowie genereller Zweifel machten sich breit. “Werde ich wieder fit?” – das war die Frage, die mich zu dieser Zeit ständig begleitete.
Nach wenigen Wochen durfte ich dann, nach Rücksprache mit den Kardiologen, wieder mit Spazierengehen anfangen. Aller Anfang ist schwer und ich war nach 15 Minuten bereits völlig erschöpft. Ich fragte mich, wie ich die Reha im Dezember schaffen soll, wenn ich nicht einmal 15 Minuten gehen kann?
Es waren die kleinen Dinge, auf die ich mich in den ersten Wochen konzentrierte – kleine Runden gehen, Haushalt selbst erledigen – und wenn es anstrengend wurde machte ich Pause. Ein ständiger Begleiter neben meinen Zweifeln war zu dieser Zeit auch noch immer ein komisches Gefühl der Enge in der Brust. Ein Begleiter, der mich noch fast ein halbes Jahr verfolgen würde.
Nach diesen ersten kleinen Runden und der kleinen Erfolge im Haushalt – Geschirrspüler ohne Pause ausräumen – begann ich immer weiter zu spazieren. Aus 15 Minuten wurden 20 und aus 20 wurden 30 und so weiter. Bis ich schließlich Ende November eine ganze Stunde gehen konnte.
Ich überwachte alle meine Aktivitäten mit meiner Pulsuhr und synchronisierte sie mit der App Trainingpeaks, um von Anfang an Struktur in meinem “Training” zu haben bzw. auch um zu sehen, wie viel ich trainierte.
Dann kam der Dezember und es war Zeit, die Reha zu starten. Vor dem Beginn stand ein Belastungs-EKG mit Laktat-Bestimmung auf dem Plan. Ich fühlte mich gut und ging voller Optimismus und Vorfreude an die Sache und siehe da, ich war zu 96 % belastbar – 100 % ist die Belastbarkeit eines durchschnittlichen Österreichers mit meinem Alter und Gewicht. Keine Auffälligkeiten im EKG und keine Beschwerden wie Druck auf der Brust.
Auf Basis dieser Belastungskontrolle erhielt ich meine Trainingsempfehlung – 4- bis 5-mal die Woche 45 Minuten Radfahren, 30 Minuten davon im vorgegebenen Herzfrequenz-Bereich, etwas Gymnastik und vorsichtiges Krafttraining. Alles vor Ort im ambulanten Rehazentrum unter Überwachung der Ärzte oder Sportwissenschaftler.


Das ging dann bis Mitte Jänner und ich übernahm von da an selbst mein Training. Zusätzlich wurde ein weiteres Belastungs-EKG gemacht und die Fortschritte waren sehr gut! Am Ende der Reha war ich zu 120 % belastbar und meine Laktat-Grenzen verschoben sich sehr gut nach oben – hieß, ich konnte mein Training adaptieren, um weiter solche Erfolge zu erzielen.
Von Ende Jänner bis Ende Juni trainierte ich dann 5-mal die Woche – anfangs jeweils 45 Minuten und gegen Ende Juni dann 1 Stunde pro Einheit. Ich ergänzte das Ganze mit Krafttraining zuhause und Klettern ab Mai, sowie den ersten Bergtouren ab Mitte April.
Die ersten Bergtouren waren gemütliche Wanderungen, so um die 2 Stunden, und es war ein Traum wieder dort zu sein, wo ich mich am wohlsten fühlte!

Die nächsten Monate bestanden aus Arbeiten, Trainieren und Berg- bzw. auch Klettertouren. Komplett gemischt und eigentlich ohne wirklichen Plan machte ich von Juli bis September was ich wollte, immer mit einem Auge auf die Pulsuhr und einem Auge auf die Wochenstunden Sport und die jeweiligen Intensitätszonen, damit es nicht zu viel wurde.
Ich bewältigte im Juni auch meine ersten Hochtouren und war sehr begeistert, dass Bewegung über 3000 m Höhe wieder so gut funktionierte. Neben Fuscherkarkopf und Großem Wiesbachhorn (Beitrag von vor einigen Jahren hier), war ich auch auf der Glocknerwand (Beitrag hier) – eine der tollsten Hochtouren, die ich bis jetzt gemacht habe.


Im September wollte ich es dann genau wissen und absolviert eine weitere Leistungskontrolle. Die Entwicklung war zwar nicht die Erwartete – meine Laktatgrenzen waren um 15 bis 20 Herzfrequenzpunkte niedriger – aber meine Leistungsfähigkeit war auf 150 % angestiegen. Der Sportmediziner meinte, dass er sich die gesunkenen Pulswerte nicht erklären könne, dass dies jedoch irrelevant sei, da ich mit weniger Herzfrequenz wesentlich mehr leisten könne und dies sei das Wichtigste.
Ich adaptierte daraufhin mein Training und trainierte bis zum Beginn der Skitouren-Saison dreimal die Woche Grundlagenausdauer 1, zweimal Grundlagenausdauer 2 und einmal Kraft.
Zur Erklärung:
Grundlagenausdauer 1 – ein Pulsbereich, der über dem unteren Laktatumschlagpunkt liegt und diesen nach oben bringt.
Grundlagenausdauer 2 – ein höherer Pulsbereich unterhalb des oberen Laktatumschlagpunkt, der diesen ebenfalls weiter nach oben bringt.
Hier nochmal zusammengefasst:
Während der ersten Wochen
Kleinigkeiten im Haushalt erledigen und kleine Runden spazieren
Vor der Reha
Immer größere Runden gehen, aber langsam steigern
Während der Reha
4- bis 5-mal die Woche Radfahren im Trainingspuls-Bereich
Einmal Gymnastik und einmal Krafttraining
Nach der Reha bis ein halbes Jahr nach der Myokarditis
4- bis 5-mal die Woche Radfahren im Trainingspuls-Bereich
2-mal Krafttraining
Ein halbes Jahr bis neun Monate nach der Erkrankung
4- bis 5-mal die Woche Radfahren im Trainingspuls-Bereich
2-mal die Woche Krafttraining
Ergänzend bzw. anstatt der Kardio- bzw. Krafteinheiten einfache Bergwanderungen und leichtes Klettern
Neun Monate bis ein Jahr
Bergtouren, Kardiotraining und Klettern in verschiedenen Zusammensetzungen – Immer auf die Herzfrequenz geachtet und immer die Wochenstunden im Blick
Nach einem Jahr
3-mal Grundlagen-Training 1
2-mal Grundlagen-Training 2
1-mal Krafttraining-Aufbau für Skitouren und Skifahren


Es war vor allem am Anfang nicht ganz einfach, aber es ist möglich! Man kann nach einer solchen Erkrankung wieder Sport betreiben!
ABER – Jeder Mensch ist verschieden! Jeder Krankheitsverlauf ist anders! Ich hatte wohl bis zu einem gewissen Teil auch Glück. Hör auf die Ärzte und nimm das Angebot einer Rehabilitation an. Ändere die Faktoren, die zu der Herzmuskelentzündung geführt haben, und hör auf deinen Körper. Ein Trainingsplan bzw. ein exaktes Einhalten der Trainingsstunden pro Woche inklusive Überwachung, in welcher Intensitätszone diese absolviert wurden, ist essenziell und hat mir sehr geholfen.
Ich bin aus der ganzen Sache gut ausgestiegen – ich bin fitter und stärker denn je und freue mich auf den kommenden Winter.
Beitragsbild ©Dominik Kaindl IG @kom1n1k
Ein Gedanke zu “Diagnose Myokarditis – Der Weg zurück”